Rückblick auf den NS-Dokuzentrumausflug

„Rechtsterrorismus – Verschwörung und Selbstermächtigung 1945 bis heute“

Sehr sachkundig durch die aktuelle Ausstellung im NS-Dokuzentrum begleitet wurden die Gilchinger Grünen und ihre Gäste von Robert Philippsberg, der für die Grünen-Fraktion im NSU-Untersuchungsausschuss aktiv war und wissenschaftlich in diesem Themengebiet arbeitet.

Erster Blickpunkt der Ausstellung war das Oktoberfestattentat von 1980, das vor der damaligen Bundestagswahl verübt wurde. Es wurden zwölf Menschen getötet und 221 verletzt. Erst nach längerer Zeit wurde anerkannt, dass der Attentäter in der Wehrsportgruppe Hoffmann aktiv war und somit ein klar rechtsradikaler Hintergrund besteht. Es handelte sich um eine „false flag-Aktion“, bei der die Tat dem politischen Gegner angelastet werden soll. Zunächst wurden auch psychosoziale Gründe im Vordergrund gesehen und die Ermittlungen 1982 eingestellt, Beweismittel wurden 1997 vernichtet. Erst durch hartnäckige Recherchen eines Journalisten und den Film „Der blinde Fleck“ kamen die Untersuchungen im Jahr 2014 wieder ins Rollen, bisher unbekannte Zeug*innen hatten sich gemeldet, der Tatort wurde digital rekonstruiert und die Tat wurde als rechtsradikal motiviert eingeordnet.

In der Ausstellung wurden auch Beispiele für rassistisch motivierte Taten dargestellt. So erhielt der Schnaittacher Bürgermeister von einer Rechtsextremistin Drohbriefe mit Morddrohungen, weil er sich für Migrant*innen und für eine Aufarbeitung der jüdischen Geschichte des Ortes eingesetzt hatte. Nach massiven Hasskampagnen im Internet wurde Walter Lübke, Regierungspräsident im Regierungsbezirk Kassel, der sich für die Anliegen von Geflüchteten eingesetzt hatte, 2019 ermordet. Auf der – tatsächlich existierenden – „Rangliste“ rechtsextremer Gruppen ganz oben rangiert der Terroranschlag von 2011 auf Menschen in Oslo und auf der Insel Utoya, auf der ein Jugend-Feriencamp der sozialdemokratischen Partei Norwegens stattfand.

Durch gewalttätige „Botschaftstaten“ dieser Art versuchen Personen oder Gruppen gezielt, ein Klima der Angst zu erzeugen. Ziel der Terrorgruppen ist es außerdem, geplant Unruhe und Chaos zu stiften, um sich anschließend selbst als „Ordnungsmacht“ darstellen zu können. Die Attentäter – fast immer handelt es sich tatsächlich um Männer – präsentieren ihre Verbrechen im Internet, radikalisieren sich durch die Taten anderer Rechtsterroristen und beschriften ihre Waffen teilweise mit den Namen ihrer „Vorbilder“.

Dargestellt in der Austellung werden auch Informationen zur NSU-Terrorgruppe. Deren Mitglieder zehn Menschen getötet haben, neun mit Migrationshintergrund und eine Polizistin. Außerdem haben sie zwei Sprengstoffanschläge und fünfzehn Banküberfälle mit vielen Verletzten verübt. Die NSU-Kerngruppe ist bereits 1998 untergetaucht und hat sich dann nach langen Jahren 2011 selbst enttarnt. Zwar waren im Hinergrund etwa 40 V-Leute aktiv, aber es wurde sehr lange unter dem Stichwort „Döner-Mord“ von Bandenkriminalität ausgegangen und der rassistisch motivierte Hintergrund erst spät ernst genommen.

Aktuell spielt die Reichsbürgerszene in Vermischung mit den verschiedensten Verschwörungstheorien und nicht immer leicht zu durchschauenden Verbindungen zur AfD eine große Rolle.
Sicherlich ist es sehr erschreckend, in der Ausstellung das breite Spektrum der Demokratie- und letztendlich Menschenfeindlichkeit zu sehen. Gerade deshalb laden wir ein, Möglichkeiten zur politischen Bildung, zum respektvollen Austausch in Diskussionen oder auch zur aktiven Mitarbeit in Parteien oder anderen politisch wirksamen Gruppen zu nutzen. Gemeinsam können wir uns für ein faires und freies Miteinander einsetzen.

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